Hier besuchte der Attentäter seine Schwester Maria Hirth
VON RENATE FRANZ
Georg-Elser-Staffel
Lerchenstraße 52
Georg-Elser-Staffel
Auf Betreiben der Stuttgarter "Stiftung Geißstraße 7", gefördert durch die Stadt Stuttgart,
wurde im Sommer 1999 in Stuttgart eine Hangtreppe nach dem Widerstandskämpfer Georg Elser benannt.
Gedenkblatt der Stiftung.
Die Treppe liegt zwischen Albrecht-Goes-Platz (Beginn Richard-Wagner-Straße) und der Stafflenberg-Straße.
Rund hundert Meter entfernt von der Villa Reitzenstein, Amtssitz des Ministerpräsidenten und
Staatsministerium des Landes Baden-Württemberg.
Die Treppe zählt 215 flache Stufen. In Stuttgart gibt es rund vierhundert benannte und unbenannte "Stäffele" (Freitreppen). Viele sind
auch als Straße oder Weg ausgewiesen.
Lerchenstraße 52 - hier wohnte Georg Elsers Schwester Maria Hirth
Als Georg Elser im Jahre 1939 sein Attentat im Münchner Bürgerbräukeller
gegen Adolf Hitler verübte, wohnte seine Schwester Maria Hirth mit Ihrem Mann Karl
und dem 10-jährigen Sohn Franz im Stuttgarter Westen, Lerchenstraße 52 im Hinterhaus.
Der Platz ist heute mit Garagen bebaut.
Georg Elser half hier seiner Schwester, die er besonders mochte, und ihrer Familie
schon 1935 beim Einzug in die neue Wohnung. Vor Elsers Fluchtversuch in die Schweiz
war er wieder bei seiner Schwester vom 6. zum 7. November 1939. Elser wollte bei seiner
Schwester und ihrer Familie seine persönlichen Dinge unterstellen bzw. ihr schenken.
Vor allem die von Elser selbstgebaute, über ein Meter lange, schwere Holztruhe mit
doppeltem Boden.
Verhörprotokoll vom 19.11.2009.
Bei den schweren Bombenangriffen auf den Stuttgarter Westen (Firma Bosch) am 12./13. September 1944
wurde die Familie Hirth ausgebombt. Das Hinterhaus war nicht mehr bewohnbar.
Die Familie bekam im Vorderhaus (Foto) eine Wohnung im ersten Stock zugewiesen. Hier waren durch Evakuierung
Wohnungen leerstehend. Dieses Haus wurde 1908 gebaut und ist heute noch mit seiner schönen Jugendstilfassade
zu betrachten.
Elsers Neffe Franz Hirth erzählt, sie hätten eine gute Hausgemeinschaft gehabt. Und doch hat schon
1939 der Attentatstourismus begonnen. Mit ausgestrecktem Arm hätten die Leute zu ihrer Wohnung hochgezeigt.
Das Schicksal der Familie Hirth
Elsers Familie wurde in Stuttgart und Berlin von der Gestapo in Sippenhaft genommen.
Besonders zu leiden unter den Schikanen der Nationalsozialisten hatte die Familie Hirth.
Die Wohnung wurde mehrere Male von der Gestapo durchsucht. Man weiß, diese waren in ihrem
Tun nicht zimperlich. Alles, was mit Georg Elser zu tun haben könnte, wurde beschlagnahmt.
Das Ehepaar Hirth wurde der Mitwisserschaft am Attentat verdächtigt.
Das Ehepaar hatte seine guten Arbeitsplätze verloren. Maria erlitt nach der Gegenüberstellung
in Berlin mit ihrem von der Folter gezeichneten Bruder einen schweren Nervenzusammenbruch, von
welchem sie sich nie wieder ganz erholte. Nach der Haft durch die Gestapo zurück in Stuttgart
wurde sie zur Feldpost dienstverpflichtet.
Karl, der Schwager Georg Elsers, war nach der Haft längere Zeit arbeitslos. Nur mühsam fand er
wieder eine Anstellung. Der Sohn Franz war während der Haft seiner Eltern in einem Kinderheim untergebracht, konnte
dann nach einigen Wochen zu den Großeltern. Ihm wurde verwehrt, eine weiterführende Schule zu besuchen.
Die Familie Hirth im geplanten Stuttgarter Stadtmuseum
Das geplante Stuttgarter Stadtmuseum wird seinen Platz in den Räumen des Wilhelmpalais an
der Konrad-Adenauer-Straße finden. Dort ist bisher die Stadtbibliothek untergebracht. Diese wird
im Jahr 2011 in einen Neubau hinter dem Stuttgarter Hauptbahnhof umziehen. Eröffnet soll das Stadtmuseum
bis Ende 2012 werden. Die Ausstellungsfläche wird 2000 Quadratmeter
groß sein, Platz bieten für Sonderausstellungen und spezielle Angebote für Kinder ermöglichen.
Geplant ist auch, Stuttgart im Dritten Reich in zwei Räumen darzustellen (Größe noch ungewiss).
Am Beispiel von wahrscheinlich fünfzehn Biografien sollen dem Publikum Personen und ihre Schicksale in dieser Zeit
nähergebracht werden.
Seitdem ich von den Plänen der Stadt Stuttgart hörte, war mein Bemühen, dass die Familie Hirth
mit ihrem Schicksal in die Konzeption des Stadtmuseums aufgenommen wird. Erste Gespräche mit Olaf Schulze
(freier Mitarbeiter des Planungsstabes) stießen auf Interesse. Der Planungsstab für das Stuttgarter Stadtmuseum
unter der Leitung von Dr. Anja Dauscheck entschied sich für die Aufnahme der Familie Hirth im Bereich
"Stuttgart im Dritten Reich."
Georg Elsers Neffe, der Zeitzeuge Franz Hirth, wird sich im Rahmen seiner Möglichkeiten in die Vorbereitungsarbeiten
für das Museum einbringen.
Der Karlsruher Historiker Ulrich Renz wird in Verbindung mit Joachim Ziller, dem Leiter der Georg Elser Gedenkstätte
in Königsbronn die zukünftigen, weiterführenden Gespräche übernehmen.
Die Autorin ist Expertin für Georg Elser und hat bereits zahlreiche
Vorträge
zu diesem Thema gehalten.