150 Zuschauer verfolgen "Szenische Collage" in der Virngrundhalle
In Rosenberg setzt man in Sachen Rechtsextremismus auf Aufklärung. Einmal mehr konnte dazu eine außergewöhnliche Veranstaltung an Land gezogen werden: Am Mittwoch wurde in der Virngrundhalle vor rund 150 Zuschauern eine szenische Collage zu Georg Elser gezeigt - dem "Mann, der Hitler töten und den Krieg verhindern wollte".
VON ALEXANDRA RIMKUS
Auf Stellwänden wurde in der Virngrundhalle über den deutschen Widerstandskämpfer Georg Elser informiert. (Foto: rim)
Rosenberg Das Bühnenbild puristisch,
das Darsteller-Ensemble klein - trotz sparsamer Mittel sollte die "szenische Elser-Collage" ihre Wirkung
am Mittwochabend beim Publikum in der Virngrundhalle nicht verfehlen.
Das erste kalte Schaudern erfasst die Menschen gleich zum Auftakt: In der abgedunkelten Halle ist minutenlang die Stimme
von Adolf Hitler zu hören. Aus den Lautsprechern ertönt dessen Original-Propaganda-Rede aus dem Münchener Bürgerbräukeller
vom 8. November 1939.
Genau hier, exakt an jenem Tag wollte der Arbeiter Georg Elser den NSDAP-Parteichef töten - mit einem Sprengsatz, den er unmittelbar hinter dem Rednerpult deponierte. Doch der Plan scheiterte. Hitler spricht kürzer als geplant; die Bombe verfehlt ihr Ziel. Trotzdem sterben an diesem Abend im Bürgerbräukeller acht Menschen, 63 werden verletzt. Elser selbst wird bei dem Versuch, in die Schweiz zu fliehen, festgenommen.
Es folgen Verhöre in Berlin und in München, deren Protokolle allerdings erst sehr viel später, im Jahr 1969, wieder auftauchen und denen bei dieser szenischen Collage eine besondere Rolle zukommt. Die beiden Protagonisten Manfred Maier als Gestapo-Kommissar und Günter Pommerenke als Georg Elser lesen in einer kammerspielartigen Inszenierung aus den 230 Seiten starken Dokumenten vor; und zeichnen dabei ein erstaunlich genaues Bild vom lange Zeit verkannten Widerstandskämpfer Georg Elser, der in den Verhören nicht nur minutiös über die Planung und Durchführung des Attentats berichtet, sondern auch über sein Motiv: "Ich wollte durch meine Tat ein noch größeres Blutvergießen verhindern."
Erfolgreiche Strategie gegen Rechtsextremisten
Rosenbergs Bürgermeister Uwe Debler
Herr Debler, seit nunmehr dreieinhalb Jahren sind im Goldenen Kreuz in Hohen-berg die Rechtsextremisten um
Alexander Neidlein beheimatet. Mittlerweile hat dort auch die NPD-Landes-geschäftsstelle ihren Sitz. Hat man
sich in Ihrer Gemeinde mit dieser Situation arrangiert?
Debler: Arrangiert? Ganz sicher nicht. Wir mussten natürlich auch erst einmal lernen, mit dieser
Situation umzugehen. Mittlerweile haben wir den richtigen Weg aber gefunden.
Und wie sieht der aus?
Wir setzen auf Prävention und Information. Und das konsequent. Allein im neuen Jahr gab es dazu bereits
drei Veranstaltungen: den Vortrag mit dem israelischen Historiker Gideon Greif, dann das Jud Süß-Filmseminar der
VHS Ostalb und jetzt den Georg-Elser-Abend.
Läuft man nicht Gefahr, dass aufgrund der Vielzahl solcher Verantstaltungen irgendwann ein
Übersättigungseffekt bei den Menschen eintritt?
Wir achten auf die richtige Dosierung. Von einem Übersättigungseffekt habe ich bislang auch noch nichts bemerkt.
Alle Veranstaltungen waren außerordentlich gut besucht. Mich freut etwas Anderes aber noch viel, viel mehr.
Was denn?
Dass die Menschen, speziell in Hohenberg, fest zusammenstehen, wenn es gegen Rechts-extremismus geht.
Dieser Zusammenhalt geht quer durch alle Gesellschafts- und Altersschichten.
Interview: Alexandra Rimkus
Die passende, soll heißen beklemmende musikalische Untermalung zu diesem Bühnenstück lieferte Martin Schnabel an der E-Geige; dessen Einspieler zum Schluss immer schneller, immer dramatisch werden.
Wolfgang Streicher, der als Schulrektor der Karl-Stirner-Schule den Arbeitskreis Heidenheim nach Rosenberg eingeladen hatte, brachte es am Ende der Aufführung auf den Punkt: "Diese Collage hat uns mit wenig Aufwand sehr betroffen gemacht."
Zuvor hatte Streicher noch deutlich gemacht, welchen Stellenwert die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Dritten Reichs
und vor allem mit dem aufkeimenden Rechtsextremismus in der Schule einnimmt. "Die Schüler müssen stark gemacht
werden für die Demokratie, um braunen Ideologen den Nährboden zu entziehen."
Zuletzt hatten sich Rosenbergs Schüler in einem mehrtägigen Projekt mit Georg Elser beschäftigt.
Krönung war jetzt die Aufführung am Mittwochabend, an der die Schüler übrigens aktiv mitwirkten.
Sie waren zuständig für die Akustik. Außerdem hatten sie im Eingangsbereich Informations-stellwände
zu Georg Elser platziert. Der Freundeskreis der Karl-Stirner-Schule sorgte für die Bewirtung der Besucher.
Polizeipräsenz
Erwähnenswert ist, dass am Mittwoch auch die Polizei in Rosenberg Präsenz zeigte - und zwar in Gestalt
von Ellwangens Polizeichef Manfred Burger sowie einem Beamten in Zivil. Eine reine Vorsichtsmaßnahme,
wie Burger auf Anfrage versicherte.
Im Februar wurde die Aufführung des Theaterstücks "Georg Elser - Allein gegen Hitler"
in Burladingen-Melchingen von lautstarken Protesten von Rechtsextremisten begleitet. In Rosenberg
wollte man gegen eventuelle Störungen gewappnet sein.
Quelle: Schwäbische Post 11.4.2008 - www.schwaepo.de