"Ich wollte Hitler töten und der Krieg verhindern": Eine szenische Collage über Johann Georg Elser wurde jetzt im Hellenstein-Gymnasium aufgeführt. Von Günter Pommerenke (li.), der Originalprotokolle, also einigermaßen O-Ton Elser vorlas, und Manfred Maier (re.) als Gestapo-Mann.
Foto: ana
Von knapper Schroffheit
Eindrucksvoll: Szenische Collage zu Johann Georg Elser im Hellenstein-Gymnasium
VON KONRAD EICHLER
Heidenheim
"Der Mann, der Hitler töten und den Krieg verhindern wollte", so lautete der Titel der szenischen Collagen
über Johann Georg Elser, die am Mittwoch über die Studiobühne im Foyer des Hellenstein-Gymnasiums ging.
Gemeinsam eingeladen hatten der Kreisseniorenrat und der Verein der Freunde des HG, denn nicht nur der
älteren Generation sollte der Mensch Elser und die Bedeutung seiner einsamen Tat ins Bewusstsein gerückt
werden. Und so erfuhr dann auch die Veranstaltung eine erfreuliche Resonanz durch alle Altersschichten.
Der Autor Manfred Maier hatte bereits vor fünf Jahren sein Elser-Stück konzipiert und seitdem ständig weiterentwickelt.
Es ist in der Tat problematisch, ein authentisches Bild Elsers anhand der umfangreichen Verhörprotokolle zu zeichnen,
sind diese doch sprachlich gefiltert und ausformuliert, was so bei dem Schwaben Elser nicht gewesen sein kann.
Was Maier gelang, war die Stringenz seiner ausgewählten Verhörsequenzen, die in zunehmender Verdichtung auf Elsers
zentrale Aussage hinzielte: "Ich wollte durch meine Tat noch größeres Blutvergießen verhindern."
Maier selbst gab sich in seiner Doppelrolle als Berichterstatter und Gestapomann im Ledermantel distanziert.
Mit den lapidaren Stichworten des Vemehmungsrasters skizzierte er den Werdegang Elsers. Auch im Verhör schauspielerte
er sich nicht in den Vordergrund; seine teilweise fiktiven Fragen richtete er in knapper Schroffheit an den Angeklagten.
Eindrucksvoll die schauspielerische Ausstrahlung von Günter Pommerenke als Elser: seine überraschend
sachliche Reaktion auf so provozierende Fragen wie nach seinem Sexualleben, sein trotz aller Bescheidenheit
unverkennbares Selbstwertgefühl etwa bei der Schilderung der akribischen Planung oder der geradezu chirurgisch
sorgfältigen Aushöhlung der Säule im Bürgerbräukeller für den "Sprengsatz". Die "Höllenmaschine"
ließ er sich vom Verhörenden nicht aufdrängen. Bewegend sein Bekenntnis auf die Frage nach der Weltanschauung:
"Gott kann sich dreinmischen - ob er sich auch bei meiner Tat dreingemischt hat?"
Auf die Lesung eingestimmt wurden die Zuhörer durch den Originalton der Hitlerrede vom 8. November 1939 -
mit den doppelzüngigen Hetztiraden und den frenetischen Heilrufen ein unter die Haut gehendes Zeitdokument.
Weit mehr als akustische Untermalung aber waren die "Dialoge", mit denen der Saxophonist
Harry Berger - einstiger HG-Schüler - Bewegung ins Spiel brachte. In dem eher statischen Szenarium wandelnd,
überhöhte Berger die nüchterne Protokollsphäre ins Emotionale. Mit sprechender Gestik griff Berger in seinen
Kompositionen, die spontaner Improvisation viel Raum ließen, den Stimmungsgehalt vorausgegangener Szenen auf:
verhalten resignative Episoden ebenso wie grell karikierende Fanfaren oder aufbegehrende Kaskaden.
Die Ton- und Licht-AG des HG unter der Regie von Werner Glatzle tat ein Übriges, um den
Wechsel der Handlungsebenen wirkungsvoll zu verdeutlichen. Insgesamt gelang allen Beteiligten eine
überzeugende Hommage an Georg Elser, den Mann aus Königsbronn, der neben den Geschwistern Scholl
und Graf von Stauffenberg zu einer Symbolfigur des deutschen Widerstandes im Dritten Reich geworden ist.