Von Jürgen Quandt, Pfarrer i.R. und Georg-Elser-Preisträger 2001
Das zeigt eigentlich an, dass er, denke ich, mit großem Verantwortungsbewusstsein und großem Verantwortungsgefühl
gehandelt hat, und dass er Grundüberzeugungen hatte, die eben auch aus dem christlichen Glauben kommen, also dass
das 5. Gebot "Du sollst nicht töten" für ihn ein wirklich wichtiger Lebensgrundsatz gewesen ist.
Und dass er wusste, dass er damit in Konflikt gerät und eben auch Schuld auf sich lädt und abwägen musste, welche Schuld
eigentlich die größere ist: Nämlich in einer solchen Situation nichts zu tun und damit auch vielleicht zu versagen -
oder aber etwas zu tun, was einen erst mal zwangsläufig in eine solche Schuldverstrickung bringt.
Man hätte sich vielleicht gewünscht, dass es damals mehr Menschen in Deutschland gegeben hätte, die sich diese
Frage zumindest gestellt hätten.
Jürgen Quandt (* 25. April 1944 in Guben), Pfarrer i.R. und Diplompädagoge, war in Berlin
als Gemeindepfarrer tätig. Bereits 1983 hat er von Abschiebung bedrohten Familien Kirchenasyl gewährt
und ist immer noch aktiv in der Asylbewegung tätig.
Für sein Engagement in der Kirchenasylbewegung wurde er 2001 mit dem Georg-Elser-Preis ausgezeichnet.
Hella Schlumberger von der
Georg-Elser-Initiative München
rief den Elser-Preis ins Leben, einen Wanderpreis, der alle
zwei Jahre von einer anderen Georg-Elser-Initiative verliehen wird. Der mit 5000 Euro dotierte Preis
soll Personen würdigen, die sich mit besonderer Zivilcourage hervorgetan haben. Der Preis wurde 2001
erstmalig verliehen.
Jürgen Quandt mit Ehefrau Dagmar (2001)
Vita von Jürgen Quandt
Abitur 1963 am Humboldtgymnasium Berlin-Tegel.
Studium der Theologie von 1963-1968 in Berlin und Marburg.
Von 1979-1980: Pfarramtliche Tätigkeit in einem Gruppenpfarramt mit Pfarrer Heinrich
Albertz (bis 1974), Aufbau eines kirchlichen Gemeinwesenprojekts in der Gropiusstadt
(Neubaugebiet im Süden Berlins). Arbeitsschwerpunkte: Entwicklung von sozialen Projekten zur Verbesserung der sozialen
Infrastruktur, Schaffung von sozialpädagogisch begleiteten Kinder- und Jugendprojekten
(Abenteuerspielplätze, offene Jugendarbeit, Initiativen gegen Drogenmissbrauch), Modelle
für Bürgerbeteiligung im Stadtteil (Stadtteilzeitung, Mieterberatung, Frauentreff)
Berufsbegleitend Studium der Sozialpädagogik.
Seit 1980: Gemeindepfarrer in der Kirchengemeinde Zum Heiligen Kreuz (jetzt Heilig-Kreuz-Passion)
in Berlin-Kreuzberg. Arbeitsschwerpunkte: Gemeindepfarrdienst, Asyl- und Ausländerarbeit,
Begleitung und Betreuung sozialer Projekte in gemeindlicher Verantwortung (deutsch-türkischer Kinderclub,
offene Jugend im Jugendzentrum "die Wille", Obdachlosenarbeit), Planung und
Durchführung des Umbaus der Heilig-Kreuz-Kirche zu einem Gemeinde- und
Veranstaltungszentrum mit vielfältiger gemeindlicher, kultureller und sozialer Nutzung.
1983: Erstes Kirchenasyl mit zwei palästinensischen Familien aus dem Libanon und Jordanien.
Seit 1984: Einrichtung einer Beratungsstelle für Flüchtlinge, Aufbau des Arbeitskreises Asyl
in der Kirche (Netzwerk der kirchenasylgewährenden Gemeinden in Berlin)
Mitarbeit in Gremien für Ausländerarbeit des Kirchenkreises, der Landeskirche und der EKD.
Er war Vorsitzender von "Asyl in der Kirche Berlin e.V.", Mitglied im Vorstand der
Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche".