Der Königsbronner Georg Vollmer gibt nicht auf, beweisen zu wollen, dass Georg Elser kein Allein(atten)täter war
VON ESTHER KRUG
Die Gerüchteküche um den Königsbronner Georg Elser ist auch mehr als 60 Jahre nach dem fehlgeschlagenen Hitler-Attentat noch kräftig am Brodeln. Hat er die Tat wirklich alleine geplant? Oder hatte er Unterstützer und Mitwisser? Elsers Alleintäterschaft gilt heute zwar als historisch gesichert, dennoch ist immer wieder die Rede von Quellen, die diese Theorie widerlegen könnten.
"Ich halte Georg Elser für einen sehr zu respektierenden Widerstandskämpfer aber er war
kein Alleintäter". Diese Überzeugung vertritt Diplom-Ingenieur Georg Vollmer schon seit Jahren.
Der Königsbronner stehe in engem Kontakt zu dem österreichischen Journalisten und Professor ehrenhalber
Günter Peis, der seit Jahrzehnten Belege sammle, um die Alleintäterschaft Elsers zu widerlegen.
Nun glaubt Vollmer entscheidende Quellen für die Richtigkeit seiner Theorie vorweisen zu können.
Georg Vollmer (rechts, 1999 mit Günter Peis)
Noch aus der Zeit des Nationalsozialismus hält sich hartnäckig das Gerücht, der Hitler-Attentäter Georg Elser habe im Auftrag des britischen Geheimdienstes gehandelt. Ein anderes Gerücht wirft Elser vor, er habe im Auftrag führender Nationalsozialisten ein Scheinattentat verübt.
Georg Vollmer ist davon überzeugt, dass an beiden Gerüchten "etwas Wahres" sei. Vollmer: "Elser war Teil einer internationalen Widerstandsgruppe, in der sich Menschen unterschiedlichster politischer Schattierungen versammelt hatten, um Hitlers Einfluss in Europa zu begrenzen". In dieser Widerstandsgruppe seien sowohl die Königsbronner Georg Elser und Karl Kuch als auch die britischen Geheimagenten Sigismund Payne Best und Richard Henri Stevenson sowie der ehemalige Hitler-Wegbegleiter Otto Strasser versammelt gewesen.
Strasser, der dem "linken" Flügel der NSDAP angehört hatte und mit seinen politischen Vorstellungen zunehmend in Konflikt zu Adolf Hitler geraten war, emigrierte nach der Machtübernahme Hitlers 1933 zunächst nach Wien, später in die Schweiz. Vom Ausland aus habe er sich dann gegen Hitler ausgesprochen, meint Vollmer. Als Strassers Bruder Gregor den innerparteilichen Säuberungen der NSDAP durch den Röhm-Putsch zum Opfer gefallen sei, sei für Strasser klar gewesen, dass er unter der Hitler-Diktatur nicht nach Deutschland zurückkehren könne.
Vollmer vermutet nun, Strasser habe durch Zufall den gebürtigen Königsbronner Karl Kuch kennen gelernt, der schon 1916 in die Schweiz emigriert sei. "Strasser und Kuch haben gemeinsam über die Möglichkeiten eines Attentates nachgedacht", erklärt Vollmer. Kuch habe dann die Verbindung zu Georg Elser hergestellt, Strasser habe Kontakt zu anderen Hitler-Gegnern aufgenommen, u.a. zu den britischen Geheimdienstlern Payne Best und Stevens.
"Planung und Durchführung des Attentats waren dann allein Elser überlassen, er erhielt allerdings finanzielle Unterstützung von den Briten", vermutet Vollmer. Für ihn hat sich das Gerücht über die behauptete Beteiligung des englischen Geheimdienstes bestätigt. Die Theorie über Elsers Alleintäterschaft sei für ihn durch neu aufgetauchte Hinweise auf die Mitwisserschaft von Strasser und Kuch "endgültig widerlegt".
Bezüglich des zweiten Gerüchts um die angebliche Verstrickung der Nazis in das Attentat hat Vollmer eine ganz eigene Interpretation: Er vermutet, dass Elser bei den Vorbereitungen in München von den Nazis entdeckt worden sei. Himmler und Heydrich hätten Elser dann gezwungen, das Attentat wie geplant durchzuführen: "Die beiden wollten dann Hitler am Tag der Traditionsfeier zum Hitlerputsch vom Hofbräukeller fernhalten. Rudolf Hess sollte den Führer vertreten", erläutert Vollmer seine Theorie.
"Hess sollte sterben", meint der Hobby-Historiker. Grund sei möglicherweise ein innerparteilicher Streit zwischen Himmler, Heydrich und Hess gewesen, Hitler selbst habe von diesen Machenschaften wahrscheinlich nichts gewusst. Vollmer stützt seine Vermutungen auf Erzählungen seiner Mutter. Diese sei nach der Verhaftung ihres Mannes 1939 (da Elser aus dem Vollmer'schen Steinbruch das Dynamit für sein Attentat entwendet hatte, vermutete die Gestapo eine Mitwisserschaft des Königsbronner Steinbruch-Besitzers) ins Büro von Rudolf Hess nach Berlin geladen worden. Dort habe sie mit Hess persönlich über das Attentat gesprochen. "Meine Mutter sagte Hess ins Gesicht, dass sie eine Beteiligung der SS am Attentat vermute. Und Hess bestätigte das", erzählt Vollmer.
Für ihn seien die Zusammenhänge überdeutlich: "Da muss sich jetzt endlich etwas bewegen! Schwierig ist nur, dass die Schulmeinung in Deutschland davon überzeugt ist, dass Georg Elser Alleintäter war". Daran wird sich auch nichts ändern, sollten die angesprochenen Beweise nicht veröffentlicht werden.