Waldemar Zipperer gestorben - der Mann, der Hitler-Attentäter Elser verhaftete
Im Alter von 97 Jahren ist der Offenburger Unternehmer Waldemar Zipperer gestorben.
Als er 1979 das Bundesverdienstkreuz erhielt, rückte seine Auszeichnung von 1939 wieder in den Fokus.
VON RALF BURGMAIER
OFFENBURG. Der Unternehmer Waldemar Zipperer ist im Alter von 97 Jahren gestorben. 1936 gründete er
sein Autohaus. 1962 folgte die Gründung der Firma Zippo, die mit der Fertigung von Hebebühnen erfolgreich
wurde. Für seine Verdienste um die Wirtschaft, als Gründer des CDU-Wirtschaftsrats und Förderer der
deutsch-französischen Beziehungen erhielt Waldemar Zipperer 1979 das Bundesverdienstkreuz. Am bekanntesten
aber wurde er als der Mann, der den Hitler-Attentäter Georg Elser verhaftete.
Waldemar Zipperer wurde am 12. August 1913 geboren. Gemeinsam mit seinem Bruder gründete er 1936 in
Offenburg sein erstes Autohaus. Nach dem Zweiten Weltkrieg, aus dem der Bruder nicht mehr heimkehrte,
baute er seine Position als Ford-Haupthändler aus mit Niederlassungen in Wolfach, Kehl und Donaueschingen.
Besonders erfolgreich wurde die 1962 gegründete Firma Zippo, die es mit Hebebühnen zum Marktführer in
Deutschland brachte. Seine Frau Bernadette wirkte beim Aufbau dieses Unternehmens tüchtig mit.
Die Firma hat Zipperer später verkauft. Hauptsitz der Zippo Lift GmbH ist heute Halver im Sauerland.
Waldemar Zipperer lag die deutsch-französische Freundschaft am Herzen. So ist er Gründungsmitglied
des Lions Clubs Strasbourg-Métropole-Europe. Bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am 26.
Januar 1979 durch Oberbürgermeister Martin Grüber begrüßte er die Gäste unter anderem auf Französisch.
Die vergangenen 20 Jahre hat Zipperer bevorzugt in seinem Haus im Elsass verbracht. Das hatte wohl auch
mit einer öffentlichen Debatte zu tun, die kurz nach der Verdienstkreuzverleihung begann.
Ein ehemaliger Offenburger, der von der Ehrung für Zipperer erfuhr, erinnerte sich an einen Artikel von
1939 im Nazi-Blatt "Völkischer Beobachter", in dem über die Belobigung Waldemar Zipperers berichtet wurde.
Der Grund: Als Soldat im Konstanzer Grenzgebiet zur Schweiz eingesetzt, hatte er am 8. November 1939
gegen 20.35 Uhr Georg Elser verhaftet, der die grüne Grenze zur Schweiz überschreiten wollte.
Noch während der Vernehmung Elsers detonierte im Münchener Bürgerbräu-Keller die Zeitbombe, die
dieser dort zuvor deponiert hatte, um Adolf Hitler zu töten. Es starben acht Menschen, 63 wurden verletzt.
Adolf Hitler hatte elf Minuten vor der Explosion das Lokal verlassen. Georg Elser wurde ohne Prozess als
"Sonderhäftling des Führers" ins KZ Sachsenhausen und später ins KZ Dachau gebracht. Dort wurde er am
9. April 1945 durch Genickschuss ermordet. Bis heute erfährt der Einzeltäter von der Schwäbischen Alb
nicht die gleiche Würdigung wie die Attentäter des 20. Juli 1944.
Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel,
das nach der Bundesverdienstkreuzverleihung über den Fall berichtete, zitierte Waldemar Zipperer
mit den Worten: "Hätte ich Dienst nach Vorschrift gemacht, wäre Elser nicht gesehen und nicht gefasst worden."
Waldemar Zipperers Wunsch entsprechend, fand die Beisetzung in aller Stille im engsten Familienkreis statt.
Man könnte die Aussage Zipperers im vorletzten Absatz so verstehen, als ob die Festnahme Elsers
über dessen eigentliche Dienstpflichten hinaus gegangen sei.
Die ungekürzte Aussage Zipperers im SPIEGEL 12/1989 lautet aber wie folgt:
"Ich hätte Streife gehen sollen, saß aber auf einer Gartenbank hinter dem
Erziehungsheim und hörte durchs offene Fenster die Hitler-Rede aus München. Hätte ich Dienst nach Vorschrift
gemacht, wäre Elser nicht gesehen und gefaßt worden."
Übrigens attestierte der SPIEGEL in diesem Artikel, dass sich Zipperer "durch seinen Zugriff im Garten des Konstanzer
Heims weder strafbar gemacht noch nach fragwürdigen NS-Gesetzen gehandelt" hat.
Im SPIEGEL 12/1989 wird Zipperer als derjenige beschrieben, der Elser damals mit "Halt, wo wollen Sie hin?" angehalten
und festgenommen habe. Mit seinem "herbeigeeilten" Kollegen Rieger habe er Elser dann zur Grenzaufsichtsstelle gebracht.
Rieder, Zipperer (re.) 1939
Der 26-jährige Waldemar Zipperer war damals Hilfsgrenzangestellter, der ranghöhere Xaver Rieger war Zollassistent.
Liest man den amtlichen Bericht von
Xaver Rieger vom 15.12.1939,
der im Institut für Zeitgeschichte München archiviert ist,
stellt sich die tatsächliche Rolle Zipperers wesentlich unspektakulärer dar: Rieger
war es, der Elser anhielt und Zipperer blieb vor Ort zurück, weil Rieger damit rechnete, dass weitere Personen illegal
über die Grenze wollten. Zipperer wurde anschließend zum Zollassistenten, Rieger zum Zollinspektor befördert.
Zipperer hat 1939 beim Zoll gearbeitet. Das ist - auch aus heutiger Sicht - nichts Verwerfliches oder gar ein NS-Verbrechen.
Bei nüchterner Betrachtung können ihm weder seine Beteiligung an der Festnahme Elsers, noch die Beförderung
für diesen Zufallsfang oder die damalige Presseberichterstattung zum Vorwurf gemacht werden.