Nun in der Georg-Elser-Gedenkstätte Königsbronn angekommen: der Grabstein für SS-Oberscharführer Theodor Bongartz
"Bongarts". Auch die Schreibweise des Nachnamens – am Ende mit "s" anstatt mit "z" – entspricht nicht den
Tatsachen. Auf dem Friedhof in Heilbronn-Böckingen wurde der gebürtige Krefelder als Oberfeldwebel der Wehrmacht
beigesetzt – in Wahrheit war er Oberscharführer der SS. Bongartz hat den Königsbronner Hitler-Attentäter Georg
Elser erschossen. Bongartz’ Grabstein befindet sich nun in der Elser-Gedenkstätte Königsbronn.
VON PETER A. ZDANSKY
Befindet sich nun in der Georg-Elser-Gedenkstätte Königsbronn: der Grabstein für Georg
Elsers Mörder, den SS-Mann Theodor Bongartz - der als vermeintlicher Wehrmachtssoldat und
als "Bongarts" beigesetzt wurde. (Foto: Joachim Ziller)
Friedhof Heilbronn-Böckingen, Soldatenabteilung, Abschnitt 19, Reihe 17, Grab Nummer 6. Bis zum Jahr 2001
stand an dieser Stelle ein Grabstein vom gleichen Typus wie jene rechts und links davon: ein rund 50
Zentimeter hoher, nahezu vollständig im Erdreich versenkter Betonsockel, auf dem eine Keramikplatte sitzt.
Den Grabstein für den in der Inschrift Bongarts genannten Bongartz, der hier als vermeintlicher
Oberfeldwebel beerdigt worden war, ließ die Friedhofsverwaltung Heilbronn entfernen,
nachdem die tatsächliche Identität des hier Bestatteten publik gemacht worden war:
von Hellmut G. Haasis in dessen Georg-Elser-Biographie "Den Hitler jag’ ich in die Luft" (1999) und in hierzu im Internet publizierten Nachträgen (www.haasis-wortgeburten.anares.org).
Wie aber konnte es dazu kommen, dass ein SS-Mann wenige Tage nach Deutschlands Kapitulation (8. Mai 1945) nicht
als solcher erkannt wurde? Die für die SS typische Tätowierung, so Haasis, schien bei Bongartz nicht
entdeckt worden zu sein. Bongartz starb am 15. Mai 1945 im Kriegsgefangenenlager Heilbronn-Böckingen.
Er "hat sein Opfer nicht lange überlebt", konstatiert Peter Koblank im Zusammenhang mit der Tötung
Elsers in seinem Beitrag "Der verschwundene Grabstein von Theodor Bongartz",
veröffentlicht in seiner Online-Edition
"Mythos Elser" auf der
Website des Georg-Elser-Arbeitskreises Heidenheim (www.georg-elser-arbeitskreis.de). Diplom-Wirtschaftsingenieur
Koblank, Unternehmer in Aalen, studierte ursprünglich Geschichtswissenschaften und ist einer der Initiatoren
der Website.
Mai 1945. In das Heilbronner Lager hatte den SS-Angehörigen Bongartz jene US-amerikanische Patrouille
gebracht, die ihn auf der Flucht verhaftet hatte. Die Flucht, deren Ziel vermutlich der heimatliche Niederrhein
war, begann im Konzentrationslager Dachau: Am 28. April 1945 "machte sich die SS aus dem Staub" (Haasis) -
getarnt als Wehrmachtssoldaten. Bongartz, der von da an bemüht war, seine Zugehörigkeit zur SS zu verschleiern,
hatte am 9. des selben Monats in SS-Uniform durch Genickschuss Georg Elser ermordet.
Der schwäbische Schreiner,
der am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller auf Adolf Hitler ein Bombenattentat verübte,
das jedoch wegen vorzeitiger, unplanmäßiger Abreise des "Führers" misslang, wurde von
einem Menschen getötet, der "alle derartigen Morde im Gelände des Krematoriums persönlich
begangen" habe, der "viele Verbrechen auf dem Gewissen" habe und "ein ganz gewissenloser
Verbrecher" gewesen sei.
Diese Charakterisierung Bongartz’ hat Haasis einer Aussage Emil Mahls aus dem Jahr 1951 entnommen. Mahl
war im KZ Dachau ein sogenannter Funktionshäftling in der Position eines Kapo.
Wer war der Mann, der eigenhändig Elsers Leben ausgelöscht hat? Was ist über Bongartz’
Person bekannt? Geboren 1902 in Krefeld, Stuckateurmeister, 1928 Eintritt in die SA, 1932 Eintritt in die
SS, 1939 Abkommandierung zur SS-Totenkopf-Standarte in Brünn, ab 1940 Mitglied im Kommandanturstab
des KZ Dachau und schließlich Leiter des Krematoriumskommandos, 1941 Selbstmord der Ehefrau, mit der
er vier Töchter hatte. Haasis zitiert Zeitzeugen, denen zufolge Bongartz "ein äußerst
brutales Aussehen" hatte und "ein Quartalssäufer" war, der "auch im Suff schoss".
Zehn Tage nach dem Mord an Elser tötete Bongartz den internierten französischen General Charles Delestraint,
Mitglied der Résistance: Der SS-Oberscharführer schoss klammheimlich von hinten - nachdem Delestraint
zuvor mitgeteilt worden war, er sei freigelassen.
Auf www.georg-elser-arbeitskreis.de ist folgender Kommentar von Haasis zu lesen: "Selbst von Bongartz
können wir etwas lernen. Wenn er schon kein gutes Vorbild sein kann, so wenigstens ein abschreckendes.
Und man kann besichtigen, dass eine solche Tat vielleicht vorübergehend im passenden Regime gerne gesehen
wird, aber auf die Dauer wendet sich eine zivilisierte Menschheit von solchen Leuten ab. Und das zeigt dann
die Lücke."
Quelle: Schwäbische Post 17.12.2009 - www.schwaepo.de