WIDERSTAND / Ein Zeitzeugengespräch über Georg Elser - er war nicht alleine
Es hätte keinen Krieg gegeben
Ganz in unserer Nähe, in Königsbronn, ist Georg Elser aufgewachsen. Der Mann, der am 8.
November 1939 im Münchener Bürgerbräukeller ein Attentat auf Adolf Hitler geplant hatte.
"Ich habe den Krieg verhindern wollen", erklärte Elser bevor er vor 60 Jahren, am 9. April 1945,
im KZ Dachau ermordert wurde. Wilhelm Schwenk ist einer der wenigen Königsbronner, die Georg
Elser noch persönlich kannten.
VON DORLE BUTZ
Wilhelm Schwenk
KÖNIGSBRONN Georg Elser arbeitete mit Wilhelm
Schwenk im Steinbruch Vollmer, in dem der junge Königsbronner den Sprengstoff für sein Attentat klaute.
Wilhelm Schwenk berichtet der Jugendredaktion, was er damals erlebte.
Jugendredaktion: Herr Schwenk, Sie haben im Steinbruch gearbeitet. Und zu dieser Zeit arbeitete auch Elser dort?
Wilhelm Schwenk:
Ich habe nur einige Jahre im Steinbruch Vollmer in Königsbronn gearbeitet. Tagsüber fuhr ich Lok, abends haben
wir die Sprengladungen angelegt und gesprengt. Ende 1938 hat Georg Elser beim Chef angefragt, ob er
für einige Zeit hier Arbeit haben könnte. Normalerweise schleppte er tagsüber Steine. Er hat aber abends
immer gefragt, ob er nicht zusehen könne, wie wir den Sprengstoff anlegen. Wir haben es erlaubt, er konnte uns
ja helfen, Zeug zu tragen. Ob er dort auch die Sprengkapseln geklaut hat, konnte man nicht beweisen. In den
Bunker, in dem der Sprengstoff lag, konnte nämlich fast jeder rein, das Schloss bekam man leicht auf.
Wie lang hat Elser dann im Steinbruch gearbeitet?
Ach, nur einige Wochen, vielleicht drei oder vier.
Und was für ein Mensch war Georg Elser?
Er war eigentlich ein ganz Stiller. Gerade deswegen hat niemand gedacht, dass er so ein Attentat ausführen würde.
Wie haben die Bewohner von Königsbronn dann vom Attentat erfahren?
Kurz nach dem Attentat lief ja die Meldung im Radio rauf und runter.
Wie war die Stimmung gegenüber Elser nach dem Attentat?
Ganz schlecht. Gleich danach sind die Verhöre in Königsbronn losgegangen. Es gibt wohl niemanden, den man
nicht befragt hat. Im Rathaus saßen vier Männer der SS, die uns befragt haben. Wenn jemand etwas gesagt hat,
das denen nicht gepasst hat, gab es gleich eine Ohrfeige. Auch ich saß acht Tage in Untersuchungshaft.
Meine Kollegen aus dem Steinbruch und ich waren uns mit der Verriegelung des Sprengstoffbunkers nicht ganz einig.
Der Besitzer des Steinbruchs saß sogar längere Zeit im KZ.
Und nach dem Krieg, hat sich die Stimmung da geändert?
Eigentlich nicht, Königsbronn hieß nur noch "Attentathausen".
Quelle: Schwäbische Post 9.4.2005 - www.schwaepo.de