Dr. Winfried Maier mit Georg-Elser-Preis für Zivilcourage ausgezeichnet
"Gottlob dürfen wir uns einmischen"
Festakt in Werkhalle von Erhard-Armaturen / Laudatorin: Prof.Dr. Herta Däubler-Gmelin
VON MICHAEL BRENDEL
Der Augsburger Dr. Winfried Maier, der durch seine Ermittlungen als Staatsanwalt im Steuerverfahren
gegen den Waffenhändler Karlheinz Schreiber den CDU-Spendenskandal ausgelöst hatte, ist gestern mit dem
Georg-Elser-Preis für Zivilcourage ausgezeichnet worden.
Dr. Winfried Maier mit der Urkunde
Annäherung an einen Menschen an einem Ort, der dereinst seinen Atem gespürt hat: Eine nach Maschinenöl
riechende, zugige Werkhalle der Firma Erhard-Armaturen war Kulisse für die Verleihung eines Preises,
dessen Namensgeber an kaum einer anderen Stelle eindrucksvoller ins Gedächtnis der vielen Gäste hätte
gerückt werden können. Oberbürgermeister Bernhard Ilg sagte: "Das Anliegen, uns einen Begriff von der
eigenen Geschichte zu machen, wird an diesem Originalschauplatz erst möglich."
Er verehre Georg Elser, so Ilg, weil er gezeigt habe, "dass es Sinn macht, aufzustehen und Mut zu zeigen".
Moralisches Handeln sei gefragter denn je, weshalb Dr. Winfried Maier ein verdienter Preisträger sei.
"Andere wären aus falsch verstandener Staatsräson in die Knie gegangen", würdigte Ilg Maiers Arbeit
als Staatsanwalt im Steuerverfahren gegen den Waffenhändler Karlheinz Schreiber.
Dass Maier bei seinen Bemühungen von Vorgesetzten gebremst und unter Druck gesetzt wurde, macht
laut Ilg deutlich, weshalb er als Preisträger ausgewählt wurde: "Es geht nicht um rückwärts gewandte
Heldenverehrung. Vielmehr soll Zivilcourage für die Weiterentwicklung der deutschen Demokratie fruchtbar
gemacht werden." Ähnlich sah dies Manfred Maier vom Georg-Elser-Arbeitskreis: Die Gesellschaft brauche
Staatsanwälte, "die den geringen Spielraum ausschöpfen, der ihnen gegeben ist, und nicht im
vorauseilenden Gehorsam gegenüber der Oberstaatsanwaltschaft erstarren".
Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin
Die frühere Bundesjustizministerin Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin bemühte als Laudatorin den
ehemaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss: "Die Pflicht zum Widerspruch ist bei Juristen im Gehalt
inbegriffen." Der Respekt vor dem mutigen und verzweifelten Widerstandskämpfer Elser bringe "in Erinnerung,
welche Verantwortung wir heute tragen". Dass die Handlungsspielräume der Nationalstaaten geringer würden,
dürfe nicht zu Politikverdrossenheit führen.
Aufgrund "der Tendenz zu Verdrängung und sozialer Arroganz", so Däubler-Gmelin, habe es viel zu lange
gedauert, bis Elser die ihm gebührende öffentliche Anerkennung erfahren habe. Dabei sei die Anwendung
"verzweifelter Mittel in einer verzweifelten Zeit" durch das im Grundgesetz festgeschriebene
Widerstandsrecht heute eindeutig gerechtfertigt. Wie Elser sei auch Dr. Winfried Maier ein Dickkopf,
der sich nicht habe einschüchtern lassen trotz "merkwürdiger Störmanöver"
und der Dienstbescheinigung, er sei zur Beförderung ungeeignet.
Dr. Winfried Maier
Er sei beschämt, mit Elser verglichen zu werden, sagte der Preisträger in seiner Dankesrede:
"Sein Vermächtnis ist für meine Schuhe zu groß." Er, Maier, habe nicht außergewöhnlich gehandelt,
nur Selbstverständliches versucht. Dies dürfe nicht preisverdächtig sein. Maier nutzte das Forum
zu dem Appell, gegen den Strom zu schwimmen, wenn es nötig sei: "Gottlob dürfen wir uns einmischen."
Filz und Korruption gebe es überall. Niemand dürfe glauben, "wir spielten im Kriminalstück 'Italienische
Verhältnisse' nur eine Zuschauerrolle".
Maier, mittlerweile Richter am Oberlandesgericht München, beklagte, dass Staatsanwälte im Gegensatz
zu Richtern weisungsgebunden seien. Sie hätten vor Ermittlungen gegen Persönlichkeiten des öffentlichen
Lebens den Generalstaatsanwalt zu unterrichten. Folge: "Vorauseilender Gehorsam und Einknicken vor der
Macht. So erspart man sich Ärger und empfiehlt sich für Beförderungen", sagte Maier.