Wird die Bremer Langemarckstraße
in Georg-Elser-Allee umbenannt?

Die Georg-Elser-Initiative Bremen setzt sich dafür ein, die Langemarckstraße in Georg-Elser-Allee umzubenennen. Nachdem der zuständige Stadtteilbeirat Neustadt dies im Dezember 2022 beschlossen hat, ist heftiger Protest entbrannt. Im Rahmen einer Petition hat die Interessengemeinschaft Langemarckstraße über 1700 Stimmen für den Erhalt des bisherigen Straßennamens gesammelt. Ein Ende der Debatte ist noch nicht abzusehen.

Langemarckstraße in Bremen auf OpenStreetMap

Auszug aus einer Broschüre der Georg-Elser-Initiative Bremen

Journal of Modern History, Band 94, Nr. 1 (März 2022), S. 1–41

Das "Gefallenen-Ehrenmal der Technischen Lehranstalten" wurde 1934 vor der heutigen Hochschule Bremen errichtet, als dieser Abschnitt der heutigen Lange­marckstraße noch Kleine Allee hieß.

1988 wurde es von unbekannten Tätern umgestürzt.

2020 wurde es saniert und im umgestürzten Zustand ein paar Meter weiter an den heutigen Standort versetzt:

Fotos vom heutigen Standort.

Zur Ausstellung des Staatsarchivs

Mythos Langemarck

Der Mythos von Langenmarck diente während der Weimarer Republik und ganz besonders in der Zeit des Nationalsozialismus der Verklärung einer verlustreichen militärischen Auseinandersetzung im Ersten Weltkrieg, die im November 1914 in der Nähe des belgischen Ortes Langemarck (heutige Schreibweise: Langemark) stattfand.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die überwiegende Mehrzahl der während der Weimarer Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus nach Langemarck benannten Straßen umbenannt. Übriggeblieben sind heute noch 32 Straßen, Plätze und Wege sowie ein Park, die an Langemarck erinnern. mehr...

Die Bremer Langemarckstraße erhielt 1937 ihren Namen. Zuvor hieß sie von der Weser bis zur Westerstraße Große Allee, von dort bis zur Neustadtscontrescarpe Kleine Allee und von dort bis zur Neuenlander Straße Meterstraße. Die Langemarckstraße ist 1,4 Kilometer lang und eine von drei wichtigen Verkehrsadern, die vom Stadtteil Neustadt aus südlicher Richtung zum Stadtzentrum führen.

Stadtteilbeirat für Umbenennung

Am 15. Dezember 2022 hat der Stadtteilbeirat von Bremen-Neustadt einstimmig beschlossen, dass die Langemarckstraße in Georg-Elser-Allee umbenannt werden soll. Er folgte damit einer Anregung der Georg-Elser-Initiative Bremen.

Rund neunhundert Haushalte, Gewerbetreibende, Behörden und einige Großbetriebe haben die Langemarckstraße als Adresse. 1982 und 2005 gab es bereits Initiativen zur Umbenennung der Langemarckstraße. Sie scheiterten aber unter anderem an den immensen Kosten, die auf die Betroffenen für die Änderungen von Ausweisen, Registereinträgen, Briefbögen, Werbemitteln usw. zugekommen wären.

Die Georg-Elser-Initiative Bremen will die Anwohner der Langemarckstraße beispielsweise bei Behördengängen oder bei der Erstellung von Schreiben an Versicherungen unterstützen. Für alle in diesem Zusammenhang anfallenden Kosten stehe ein Spendenbetrag von 100.000 Euro zur Verfügung.

Bedenken aus Kent, Langemark und Ypern

Bereits im März 2022 hatten sich Mark Connelly and Stefan Goebel von der University of Kent in der Zeitschrift "Journal of Modern History" unter dem Titel

Forgetting the Great War? The Langemarck Myth between Cultural Oblivion and Critical Memory in (West) Germany, 1945–2014

ausgiebig mit der deutschen Erinnerungskultur zum Thema Langemarck auseinandergesetzt.

Im November 2022 schrieben sie gemeinsam mit Vertretern der belgischen Gemeinde Langemark-Poelkapelle und des "In Flanders Fields Museum" in Ypern einen Brief an den Bremer Bürgermeister und stellten eine Umbenennung infrage, weil Langemarck mittlerweile eine Metapher der Versöhnung und der Erinnerungs- und Friedensarbeit sei.

Artikel von Connelly/Goebel über Langemarck
Übersetzung ins Deutsche mit Firefox

Staatsarchiv Bremen gegen Umbenennung

Im Mai 2023 riet das Staatsarchiv Bremen "im Hinblick auf die in Bremen gelebte Praxis historisch-kritischer Reflexion aus historischer Sicht" von einer Umbenennung ab. Die Langemarckstraße sei zwar sieben Jahre lang unwidersprochen im Kontext der NS-Propaganda gestanden, habe aber seither auf vielfältige Weise Anstoß zum kritischen Erinnern, zum Einordnen historischer Zusammenhänge und zur Revision von überholten Vorstellungen gegeben.
Stellungnahme des Staatsarchivs Bremen

Petition für den Erhalt

Die Interessengemeinschaft Langemarckstraße, die im Frühjahr 2024 im Rahmen einer Petition über 1700 Stimmen für den Erhalt des bisherigen Straßennamens gesammelt hat, vertritt den Standpunkt, dass die Erhaltung der Langemarckstraße eine Mahnung sei, dass Geschichte oft missbraucht wurde, um politische und kriegerische Ziele zu fördern. Die Umbenennung würde die kritische Erinnerungsfunktion dieser historischen Stätte schwächen und könne dazu führen, dass wichtige Lehren aus der Geschichte verloren gehen.

Als erfolgreich umgesetztes Beispiel nennt die Interessengemeinschaft das in ein Mahnmal umgewandelte Ehrenmal für die zweihundert im Ersten Weltkrieg gefallenen Angehörigen der ehemaligen Technischen Lehranstalten. Es befindet sich an der Langemarckstraße bei der Hochschule Bremen in den Neustadtswallanlagen.

Text der Infotafel des Mahnmals einblenden

Ausstellung des Staatsarchivs Bremen

Im Rahmen eines gemeinsamen Erinnerungs- und Friedensprojekts mit
  • der belgischen Gemeinde Langemark-Poelkapelle,
  • dem "In Flanders Fields Museum" in Ypern und
  • der University of Kent,
das sich an über 30 deutsche Städte mit einer Langemarckstraße richtet, veranstaltet das Staatsarchiv Bremen vom 15. April bis zum 6. Juni 2025 eine Wanderausstellung "Bremen Langemarck/-straße. Missbrauchte Geschichte oder Gemeinsames Gedenken?"
Ausstellungsbroschüre des Staatsarchivs Bremen

Wie geht es weiter?

Der Bremer Senat hat nach Protesten gegen die Umbenennung eine stärkere Bürgerbeteiligung eingefordert. Daher fanden inzwischen bereits Gespräche mit der Georg-Elser-Initiative Bremen, der Senatskanzlei und einer Bürgerbeauftragten statt. Für Mai 2025 ist ein Gespräch mit der Interessengemeinschaft Langemarckstraße geplant, die sich für den Erhalt des bisherigen Straßennamens einsetzt. Der Entscheidungsprozess kann sich laut Weser-Kurier vom 16. April 2025 noch bis Mitte 2026 hinziehen.

Video zur Langemarckstraße. Quelle: buten un binnen (Radio Bremen) 21. Dezember 2022.

33 Langemarckstraßen/plätze/wege/parks

Bereits in der Weimarer Republik entstanden zahlreiche Langemarckstraßen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahre 1933 nahm die Zahl von nach Langemarck benannten Straßen, Plätze, Wege und Parks massiv zu.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden in der Sowjetischen Besatzungszone sämtliche und in den Westzonen die meisten von ihnen umbenannt. Heute sind – ausschließlich in den alten Bundesländern – noch 33 davon übriggeblieben. Drei davon werden inzwischen in der heutigen Schreibweise des belgischen Orts (mit "k" statt mit "ck") geschrieben.

LangemarckstraßenLangemarckplätze
Augsburg28 Erlangen
Bad Wildungen29 Koblenz
Bedburg (Erft)30 Rothenburg ob der Tauber
Bonn
BremenLangemarckwege
Donauwörth31 Bergisch Gladbach
Dormagen *)32 Korbach
Duisburg
EckernfördeLangemarckpark
10  Eislingen/Fils33 Düren
11  Eschwege
12  Essen
13  Freiburg im Breisgau
14  Gelsenkirchen
15  Gersthofen
16  Gräfelfing
17  Kitzingen
18  Münster (Westfalen)
19  Neuss
20  Niederfischbach *)
21  Oberhausen *)
22  Passau
23  Prüm (Eifel)
24  Rastatt
25  Rotenburg an der Wümme
26  Sankt Augustin
27  Troisdorf    *) Langemarkstraße (kein ck)

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